Das Projekt

Integration, interkulturelles Narrativ und Zukunftserwartungen

Die Einwanderungs- und Migrationsmuster in den letzten Jahren haben sich vergleichsweise mit der großen Flüchtlingswelle 2015 und der hohen Anzahl an Asylbeantragenden strukturell verändert. Einwanderung und Migration stehen heute zentral unter dem Fokus der Integration. Integration ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, die sich mehr oder weniger automatisch, geschweige denn im Sinne einer nachhaltigen integrativen und offenen Gesellschaft einstellen wird. Hierzu bedarf es vielfältiger Anstrengungen auf unterschiedlichen Ebenen der Gesellschaft. Eine wichtige Erkenntnis in diesem Kontext ist, dass vielfältige Anstrengungen auf den Ebenen von Bildung und Ausbildung, insbesondere bei jungen geflüchteten und zugewanderten Mädchen und Jungen, erfolgreich sind. Hierfür spielt nicht nur das Alter der Jugendlichen und die damit einhergehende größere Offenheit für Veränderungen eine Rolle, sondern entscheidend ist der Ort des Integrationsgeschehens: die Schule. Sie ist ein zentraler sozial-räumlicher Ort für Integration, weil hier schon frühzeitig das praktiziert wird, was eine Grundvoraussetzung für eine offene und humane Gesellschaft ist: interkulturelle Kommunikation.

Integration ist zentral mit Zukunft, mit Zukunftsperspektiven und -hoffnungen verbunden. Sowohl gesellschaftlich als auch individuell. Es ist ein Zeichen gelungener Integration, wenn zugewanderte Menschen Pläne für ihre Zukunft machen und eine Gesellschaft politische Zukunftsstrategien auf der Basis einer interkulturellen offenen Gesellschaft entwickelt. Dabei gilt es, geschlechtsspezifische Differenzen zu berücksichtigen. So zeigt sich etwa, dass die Integrationsverläufe von jungen Frauen und Männern häufig weit auseinander liegen. Entscheidend hierfür sind nicht selten patriarchale Sozialisationsmuster im Herkunftsland, die die Integrationschancen junger Frauen einschränken. Demgegenüber sind deren eigenen Zukunftserwartungen in der neuen Heimat häufig mit einem besseren Leben als Frau verbunden: mehr Freiheit als Mädchen und Frau, die sie wohlmöglich in der verlassenen Heimat nicht hatten, eine gute Ausbildung, Chancen auf einen interessanten und qualifizierten Beruf sowie Lebensentwürfe jenseits geschlechtsspezifischer Zuschreibungen, die etwa sowohl eine berufliche Karriere wie auch eine gelungene Verbindung von Beruf und Familie ermöglichen.

Projektdesign: Interkulturelle Zukunftswerkstatt für junge Frauen

Die zentrale Bedeutung von Zukunftsentwicklung und -perspektiven im individuellen Integrationsprozess greift das Projekt „Imagine“ auf. Hier stehen Mädchen und junge Frauen als Teilnehmerinnen im Fokus. Die Zusammensetzung der Zielgruppe ist interkulturell. Auf der Basis von Dialog und Austausch, der Förderung von Imagination und Erweiterung von Medienkompetenz und mittels Herstellung von Filmen und Videos erhalten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, in fünftägigen Workshops ihre Zukunftserwartungen, -wünsche und -perspektiven zu entwickeln.

Angesichts der großen Affinität von Mädchen und jungen Frauen den sozialen Medien gegenüber, werden in der interkulturellen Zukunftswerkstatt Möglichkeiten zur kritischen Auseinandersetzung eröffnet. Soziale Medien spielen zunehmend für die geschlechtsspezifischen Rollenvorstellungen und Zukunftserwartungen von jungen Frauen mit und ohne Migrationsbiografie eine große Rolle. Zum Beispiel zeigen besonders beliebte „Influencerinnen“ Beauty-Artikel und geben Schminktipps, womit sie in nahezu perfider Weise klischeehafte Weiblichkeit verkörpern. Hier werden quasi in einem Rollback traditionelle Rollenmuster präsentiert, die nicht zuletzt Zukunftsvorstellungen und -erwartungen von Mädchen und jungen Frauen prägen. Die bewusste und kritische Auseinandersetzung mit klischeehaften Inszenierungsformen und das spielerische Experimentieren mit unterschiedlichen Rollenmodellen soll die Teilnehmerinnen dabei unterstützen, eigene Rollenbilder jenseits vorgegebener Stereotype für sich und ihre Zukunft entwickeln zu können.

Filmische Narration eignet sich in besonderer Weise, spielerisch mit verschiedenen Rollenvorstellungen umzugehen, sich Transformationen und Entwicklungen in die Zukunft hinein auszumalen, zu imaginieren und losgelöst vom Erwartungsdruck der äußeren Realität entsprechendes Probehandeln fiktional vorwegzunehmen. Diese Möglichkeiten des Filmischen und Bildlichen möchten wir nutzen, um den Teilnehmerinnen neue Erfahrungswelten und erweiterte Sichtweisen auf sich, die Welt in der sie leben und ihre Zukunft zu ermöglichen.

Partizipation am gesellschaftlichen Leben – sei es im sozialen, beruflichen, kulturellen oder beruflichen Kontext – setzt die Fähigkeit voraus, in einem diversen Umfeld mit anderen Menschen Verbindungen zu knüpfen und gemeinsam darüber nachzudenken, wie die eigene Zukunft in einem gemeinsamen Ganzen realisiert werden könnte. Mit der interkulturellen Zusammensetzung der Teilnehmerinnen, den Angeboten zum Austausch und der Zusammenarbeit in kulturell gemischten Teams und der Entwicklung eigener Zukunftsvorstellungen in der Auseinandersetzung mit anderen möchte das Projekt zu diesen Fähigkeiten beitragen.

Wir versprechen uns auf diese Weise die Stärkung von Eigeninitiative und Selbsthilfe bei den Teilnehmerinnen sowie die Schaffung von mehr Offenheit und Dialogbereitschaft. Alles wichtige Kompetenzen, um an einer offenen Gesellschaft der Vielfalt selbstbewusst teilhaben zu können und damit die Integrationsbedingungen der Teilnehmerinnen zu verbessern.

Programmschwerpunkte der interkulturellen Zukunftswerkstatt

  • Förderung der Imagination („Imagine“) mit Hilfe bildlicher Medien, um persönliche Zukunftsvorstellungen entwerfen zu können.
  • Vermittlung von Know-How und technischer Kompetenzen zur Herstellung von Videos und Filmen.
  • Einführung in filmische Gestaltungsmittel und die Möglichkeiten der Filmsprache.
  • Entdeckung und Förderung des eigenen Ausdruckrepertoires der Teilnehmerinnen.
  • Auseinandersetzung in interkulturellen Teams mit den unterschiedlichen weiblichen Rollenbildern in verschiedenen Ländern und den sozialen Medien.
  • Sensibilisierung für die prägende Kraft geschlechterstereotyper Bilder und Muster bei der Entwicklung von Zukunftsvorstellungen von Frauen.
  • Anstöße zur Entwicklung alternativer Rollenmodelle geben – anhand etwa von weiblichen YouTubern, die sich kritisch mit stereotypen Rollenerwartungen auseinandersetzen.
  • Nutzung von Filmen und Bildern als Ausdrucks- und Kommunikationsmittel sowie Experimentierfeld.
  • Entdeckung der sozialen Medien als Orte der Vernetzung und Solidarität gerade auch für junge Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte.
  • Mediale Umsetzung eigener Zukunftsvorstellungen und -bilder in Form von Videos und Filmen.

Zielsetzungen von „Imagine“

  • Stärkung der Imaginationsfähigkeit und Eigeninitiative der Teilnehmerinnen zur Entwicklung und Umsetzung von Zukunftsvorstellungen.
  • Kritische Auseinandersetzung mit Social Media mit dem Ziel eines selbstbewussten Umgangs.
  • Entwicklung eigener Zukunftsvorstellungen auf der Basis kritischer Auseinandersetzung mit geschlechterstereotypen Rollenerwartungen und deren kulturellen Prägung.
  • Verbesserung der Integrationschancen von zugewanderten und geflüchteten Mädchen und jungen Frauen durch die Stärkung eigener Zukunftsvorstellungen.
  • Raum für individuelle Entfaltung in einer offenen und vielfältigen Gesellschaft bieten.
  • Förderung von interkulturellen und dialogischen Kommunikationskompetenzen als wesentliche Voraussetzung einer offenen Gesellschaft.
  • Förderung von Vernetzung und Abbau von Isolation.
  • Mobilisierung und Unterstützung von Selbsthilfe.
  • Förderung und Erweiterung von Medienkompetenz.

Zielgruppe/Teilnehmerinnen

Die Zielgruppe des Projekts sind zugewanderte und geflüchtete Mädchen und junge Frauen unter Einbeziehung von Mädchen und jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund.